Trauer um ein verstorbenes Haustier: Claudia Kolbs Geschichte rund um „Mucki“ ...
... und was hinter ihrer Initiative „Pfotentrauer“ steckt
„Es war ja nur ein Tier“, „Das wird schon wieder“ oder „Hole dir doch ein neues“ – Sätze wie diese fliegen Menschen, die um ein verstorbenes Haustier trauern, um die Ohren. Auch Claudia Kolb bekam sie nach dem Tod ihrer Katze „Mucki“ zu hören. Was sie allesamt gemeinsam haben? Sie trösten nicht. Überhaupt nicht. Vielmehr lassen sie Betroffene wütend, traurig, missverstanden, einsam oder enttäuscht zurück. Manchmal auch alles gleichzeitig. Und das ist nicht zielführend.
Fakt ist allerdings: Trauer ist nach wie vor eines der größten Tabuthemen unsere Gesellschaft und insbesondere die tiefe Trauer um ein verstorbenes Haustier wird von vielen belächelt. Doch das möchte Claudia Kolb ändern. Sie gründete daher das Trauerportal „Pfotentrauer“. Was genau dahinter steckt und mehr über ihre bewegende Geschichte, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Alles begann mit Mucki …
„Er war mein Seelenkater“, sagt Claudia Kolb über ihren einstigen Begleiter „Mucki“. Ihre Wege kreuzten sich, als die Katze vier Monate alt und in einem besorgniserregenden Zustand war. Ein Häufchen Elend. Oder besser gesagt: ein Häufchen Kätzchen.
Claudia Kolb päppelte den Kater auf und dieser begleitete sie fortan 16 Jahre durchs Leben. „Wir haben zusammen sehr viel durchgemacht – er mit mir und ich mit ihm“, lacht Claudia Kolb. Denn der Kater war nicht nur anfällig für allerlei Wehwehchen, sondern hat auch sonst „nichts ausgelassen in seinem Leben“. Die beiden waren daher Stammgäste beim Tierarzt – bis zu 30 Besuche pro Jahr meisterten sie gemeinsam.
Trotzdem steckte er all das stets gut weg. „Dieser Kater hat sich irgendwo Bonusleben erspielt – denn das waren definitiv mehr als die üblichen Katzenleben“, schmunzelt Claudia Kolb. Mucki scheute allerdings andere Menschen und war sehr auf sie fixiert. Sie habe ihr Leben somit auch stark nach seinen Bedürfnissen ausgerichtet. Man habe sich gegenseitig gebraucht. „Und dieses Gebraucht-Werden hat uns zusammengeschweißt“, erzählt sie.
Als das letzte Katzenleben aufgebraucht war
Irgendwann waren seine Katzenleben aber dennoch aufgebraucht. Ein Plattenepithelkarzinom, also Krebs auf der Nase, machte ihm zu schaffen. Es gibt zwar gute Heilungschancen und Katzen können auch ohne Nase leben, weshalb Claudia Kolb ihm diese amputieren ließ, nur leider hatte sich die Krankheit schon auf weitere Körperteile ausgebreitet.
Und so ließ ihn seine Gefährtin im Jänner 2023 schweren Herzens einschläfern. Und dann folgte die Trauer. Eine tiefe, dunkle Trauer.
Freund, Bezugswesen und Strukturgeber
„Stell dich nicht so an, es war ja nur ein Tier“, das bekam sie als Trauernde oft zu hören. Doch das stimmt nicht.
„Ein Haustier ist ja nicht nur ein Tier – es ist so viel mehr. Es ist ein Bezugswesen, ein Freund, für manche gar ein Partner- oder Kinderersatz. Auch deshalb, weil Tiere immer bis zu einem gewissen Grad von dir abhängig bleiben, egal, wie alt sie werden. Und gerade, wenn einen ein Tier so lange begleitet, kann man sich das Leben ohne diesen Gefährten bald gar nicht mehr vorstellen. Tiere sind aber auch Strukturgeber. Ein Hund strukturiert deinen Tag. Stirbt er, so verlierst du nicht nur ein Bezugswesen, sondern auch dein Alltag und deine Routinen brechen weg. Auch bei Mucki war das der Fall: Durch seine Medikamente hatten wir einen ganz bestimmten Rhythmus und dadurch, dass er anderen gegenüber wenig zutraulich war, verzichtete ich auch auf Urlaube. Er war also sehr stark von mir abhängig – und das bestimmte meinen Alltag“, erzählt sie.
Ein Erinnerungsstück für die Ewigkeit
Nach Muckis Tod veränderte sich also Claudia Kolbs Tagesablauf von einem auf den anderen Moment. Und die tiefe Trauer regierte. Diese führte sie schließlich zu Mevisto.
Sie erinnert sich: „Die Idee, von Mucki ein Erinnerungsstück fertigen zu lassen, hatte ich schon Jahre vor seinem Tod, als er wieder einmal einen Unfall hatte. Damals stieß ich in einer Zeitung auf Mevisto.“
Fortan habe sie sein Fell gesammelt und ein paar Monate nach seinem Tod eine Kette samt Edelstein anfertigen lassen. „Der Stein ist schön, klar und rein – wie Muckis Seele. Ich trage ihn somit nicht nur im Herzen, sondern auch am Herzen.“
Und das Collier passt zu ihrem zweitliebsten Schmuckstück: einem Ring der Großmutter. Für sie sei die Mevisto-Kette ein Anker im Alltag, der sie daran erinnert, dass Mucki trotz allem immer noch da ist.
Nicht akzeptierter Trauerprozess
Doch obwohl sie sich damit einen Anker geschaffen hat, so stieß sie mit ihrer Trauer in der unmittelbaren Umgebung oft auf Unverständnis. „Auch Leute, die wussten, wie nahe wir uns gestanden haben, haben nach wenigen Tagen mit dem klassischen Schulterzucken reagiert und waren erstaunt darüber, dass mich das immer noch schmerzt. Was, du trauerst immer noch? Diese Frage bekommt man oft gestellt. Und meine Antwort lautete stets: Ja, und ich werde immer trauern.“
Trauern heiße ja schließlich nicht nur weinen, vermissen, schmerzen, sondern Trauer sei so viel mehr – in erster Linie bedeute es Liebe. „Ich werde immer lieben, also werde ich bis zu einem gewissen Grad auch immer trauern“, resümiert sie.
Zum Glück verwandle sich Trauer jedoch, wenn man sie verarbeitet. Doch viele Menschen, die einen Hund oder eine Katze verlieren, können diese Trauer um ihr verstorbenes Haustier eben nicht verarbeiten. Weil Trauer in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabuthema ist. Und weil diese Art von Trauer nach wie vor belächelt wird.
Ihre Erfahrung in Videoform:
Mit „Pfotentrauer“ anderen helfen
„Doch der Tod gehört zu unserem Leben dazu. Wir kommen auf die Welt und jeden Tag, den wir leben, sind wir dem Tod ein Stück näher. Das heißt, der Tod begleitet uns unser ganzes Leben. Leider haben jedoch viele Menschen Angst davor. Wobei ich hier – provokant – sage, es ist nicht die Angst vor dem Tod, sondern vor dem ungelebten Leben“, meint Claudia Kolb.
Sie selbst habe irgendwann beschlossen, sich den Tod zum Freund zu machen, denn er erinnere sie daran, dass sie nur dieses eine Leben hat, das es zu nutzen gilt. Diese Grundeinstellung habe ihr nicht nur beim Verarbeiten des Todes von Mucki geholfen, sondern sie auch dazu gebracht, anderen helfen zu wollen.
2022 schloss sie daher eine Ausbildung zur „Deep Journaling Expertin“ ab. Therapeutisches Schreiben also, angereichert mit psychologischen und kreativen Aspekten. Einige vollgeschriebene Bücher später, mündete dies in ihr Online-Trauerprogramm „Pfotentrauer“. Damit will sie Betroffenen helfen, mit ihrer Trauer um ein verstorbenes Haustier besser umzugehen.
Ein kleiner Leitfaden, der von Selbstfürsorge-Tipps bis hin zu Schreibimpulsen reicht, bildet dabei den Start. Hinzu kommen Gruppen auf Social-Media-Plattformen sowie eine Mailbegleitung von Claudia Kolb selbst.
„Völlig normal, legitim und nicht verwerflich“
„Positiv an die Trauer heranzugehen, ist eines der wichtigsten Dinge. Sehr viele Leute glauben jedoch, wenn sie den Schmerz loslassen, so lassen sie auch ihr Seelentier los. Doch ich brauche den Schmerz nicht, um die Verbindung zu erhalten – im Gegenteil: Denn ist der Schmerz so raumfüllend, besetzt er irgendwann das ganze Herz und verschließt es schließlich für Liebe“, sagt Claudia Kolb.
Trotzdem brauche der Schmerz zunächst Aufmerksamkeit, um ihn verarbeiten zu können. Man könne ihn nicht einfach wegschnippen. Und genau das sei bei der Trauer um ein verstorbenes Tier so schwierig, weil sie oftmals nicht akzeptiert werde. In unserer Gesellschaft sei es nämlich so, dass jene Trauer, die entsteht, wenn man einen Partner verliert, gerade noch so akzeptiert werde, der Rest aber nicht.
Und so wird der Schmerz beim Trauern um eine Katze oder einen Hund immer größer. Viele fangen dann, ob des Unverständnisses seitens Bekannten und Freunden, zu zweifeln an. Ist meine Trauer vielleicht überzogen? Und ist das überhaupt angemessen?
Doch es ist absolut wichtig, zu sich und seinen Gefühlen zu stehen – ganz egal, was andere meinen. „Trauer um ein Tier ist legitim, völlig normal, auf keinen Fall abartig oder komisch und auch nicht verwerflich. Es ist wichtig, sich das immer wieder vor Augen zu führen. Nur so gelingt der Schritt nach vorne“, meint die Expertin. „Trauer im Sinne des Schmerzes lasse ich zurück, Trauer im Sinne der Liebe nehme ich mit.“ – das ist ihr Credo.